GAMERZ.one

Return of the Tentacle – die Entwickler im Interview

Für mich sind diese kurzen Interviews immer eine tolle Gelegenheit nicht nur den Interviewpartner ein wenig besser kennen zu lernen, sondern auch der einen oder anderen Frage aus meinem persönlichen Interesse heraus nachzugehen. Doch für das Team hinter catmic.io habe ich sogar Fragen unserer Community mit aufgegriffen und euch von David und Steffi eure Antworten besorgt.

Ben:

Hallo Steffi, Hallo David! Herzlich Willkommen zum Interview für Gamerz.One! Ihr seid heute mit mir im Gespräch, stellvertretend für das Team hinter dem Fan-Sequel zu “Day of the Tentacle”, einem Spiel dass nicht nur mir, sondern auch euch und einem großen Teil der Gamer-Community lange Stunden Spaß bereitet hat. Doch bevor wir ins Thema einsteigen, stellt euch doch bitte kurz vor!

Steffi:

Ja Cool! Also, ich bin Steffi und ich sitze hier zusammen mit David, wir Beide wohnen in Berlin. Ich selbst habe für das Projekt “Return of the Tentacle” die Projektleitung gemacht, habe mit David zusammen die Geschichte geschrieben, Dialoge geschrieben, das Puzzle- und Gamedesign entwickelt und am Ende habe ich noch die Dialogregie geleitet, während David die Sprachaufnahmen gemacht hat. Nebenbei manage ich gerade auch noch so ein bisschen die Community.

David:

Ja, ich habe zum Spiel die komplette Musik geschrieben und das Sounddesign entwickelt. Dazu habe ich ein Musiksystem programmiert, dass dem iMUSE Soundsystem der alten LucasArts-Spiele nicht unähnlich ist, aber statt Midi-Files eben Wave-Files verwendet, so dass ich zum Beispiel Aufnahmen mit echten Instrumenten oder sehr authentische Übergänge zwischen den Musiktiteln machen kann.

Steffi:

Im Team haben wir dann noch den Marvin, er ist unser Grafiker, der  komplett als Einziger irgendwas gemalt hat, sprich alles was man im Spiel so sieht ist von ihm. Eine wahnsinnige Leistung! Jede Animation, jede Grafik ist von ihm. Außerdem haben wir dann noch den Nathanael, das ist unser Engine-Programmierer der von Anfang an bei unserem Team dabei war. Er hat uns schicke Tools geschrieben, die wir dann nutzen konnten. Unity ist ja nicht die klassische Adventure-Game Engine. Da muss man einiges dran schrauben, wenn man ein Point-and-Click Adventure damit machen möchte. Das war seine Aufgabe. Außerdem hatten wir uns vor etwa einem halben Jahr den Marco dazu geholt, zunächst fürs Bugfixing. Er hat aber auch noch einen Haufen Dinge programmiert und Features hinzugefügt.

Das Entwickler-Team (leider ohne Nathanael)

Ben:

Wow. Das ist ne Menge Holz für ein kleines Team. Aber wie findet man sich denn so als Team zusammen? Ich meine, man steht ja nicht morgens auf und denkt sich: “So, jetzt mach ich mal ein Spiel” – oder doch?

Steffi:

Klar geht das so! Oder David?

David:

Ich glaube nicht, dass das so war 😀 !

Steffi:

Also, dann fang ich mal ganz von vorne an. Das Projekt “Day of the Tentacle 2” entstammt einem komplett anderem Team, vor etwa drölfzig Jahren. Wie das halt dann bei so einem Fan-Adventure ist, gibt es in solchen Teams auch immer wieder Veränderungen, Zerwürfnisse oder geänderte Lebensumstände der Mitglieder, so dass die Teams wirklich nie fertig geworden sind. Es kam am Ende nie irgendwas handfestes, fertiges, spielbares dabei heraus. Ich kam dann Ende 2006 dazu, damals noch als Grafikerin. David kam Ende 2007 dazu und Marvin auch. Der hat viel Verändert.

David:

Ja er hat einen richtig frischen Wind in die Sache gebracht und viel nach seinem Gusto umstrukturiert und verändert. Er konnte viel besser malen als alle Anderen zusammen und ich musste mir zu der Zeit auch noch so ein wenig das Vertrauen des Projektleiters erarbeiten. Damals haben wir noch mit Visionaire gearbeitet, das ist so die klassische Adventure-Engine schlechthin. Die ganzen älteren Daedalic-Spiele sind damit gemacht worden.

Ben:

Das klingt als seid ihr gelernte Game-Designer oder Spieleentwickler, oder wie ist das in eurem Werdegang einzuordnen?

Steffi:

Ich habe Informatik studiert, war danach aber Spiele-Journalistin für viele Jahre. Kürzlich bin ich aber Vollzeit-Spieleentwicklerin geworden.

David:

Ich habe Musik- und Sounddesign studiert, habe also eigentlich keinen Spiele-Background. Aber ich habe wie jedes andere Kind meiner Generation richtig viel gezockt und interessiere mich auch sehr dafür, wie die Dinge dahinter funktionieren.

Steffi:

Marvin hat Design studiert, also auch nicht speziell auf Spiele ausgerichtet und Marco und Nathanael sind Programmierer. Nathanael hat jetzt gerade sein Informatikstudium abgeschlossen

David:

Aber wir sind bei der Entstehung des Sequels ein bisschen stehen geblieben. Ich erzähle mal noch etwas weiter. Vor etwas mehr als drei Jahren waren wir ein wenig genervt davon, dass die Teams sich immer wieder umformiert und letztendlich kein richtiges Ergebnis vorzuweisen hatten und haben die Sache dann für uns selbst in die Hand genommen und quasi bei Null neu angefangen. Wir haben dass für uns umstrukturiert und die Sache dann halt auch zu Ende gebracht.

Ben: 

Ja absolut!  Aber wenn ihr sagt, ihr habt da viele Teams kommen und gehen sehen, viele Zerwürfnisse und viel fruchtlose Arbeit gesehen, wie kommt es dann, das es bei euch geklappt hat? Ihr habt bei Null angefangen und das Projekt mit einem tollen Ergebnis zu Ende gebracht. Wieso funktionierte das bei euch, aber bei den anderen nicht?

Steffi:

Hmmm. Schwierige Frage.

David:

Ich glaube ein Problem ist halt, dass so ein Fan-Projekt nur in der blanken Freizeit umgesetzt werden kann. Was du in deiner Freizeit machen willst, kann sich quasi alle paar Wochen ändern. Wenn du dann eben drei, vier Wochen deine Freizeit geopfert hast und dann kommt da aus den verschiedensten Gründen nichts bei raus, dann hast du keinen Bock mehr drauf. Bei uns war es tatsächlich so, dass wir einen richtig harten Willen dahinter gehabt haben. Wir waren extrem ehrgeizig.

Steffi:

Dazu kommt, dass das Team fast von Anfang an so zusammen war und wir alle wirklich sehr freundschaftlich miteinander umgegangen sind. Wir haben uns über die ganzen Veränderungen in den anderen Teams hinweg kennen gelernt und waren von Team, zu Team, zu Team, zu Team zusammen. Das hat uns auch zusammengeschweißt. Wir haben zusammen in eine Richtung geschaut und wussten genau, was wir machen wollten und wie das Ergebnis aussehen soll. Das haben wir durchgezogen.

Das war nicht immer einfach, aber wir hatten auch das Glück, dass sich in unseren Leben nicht all zu viel geändert hat und wir quasi dadurch den Fokus nicht verloren haben und so konnten wir unsere Zeit gezielt in dieses Projekt investieren.

Ben:

Weil du es gerade ansprichst, habt ihr irgendwie, auch nur grob eine Einschätzung wie viel Zeit ihr in dieses Sequel gesteckt habt?

Steffi:

Nein, es war einfach unfassbar viel.

Ben:

Habt ihr denn irgendwas eurem Projekt unterordnen müssen im Leben?

Steffi:

Naja sagen wir es mal so: wir haben nichts verpasst. Zwar kann man solch ein Projekt wie gesagt nur in seiner Freizeit umsetzen, aber dass heißt nicht, dass wir 100% dieser Freizeit ins Projekt investiert haben. Vielleicht hat das ganze deswegen auch mehr als 3 Jahre gedauert. Aber auf der Strecke geblieben ist nichts und wir haben unfassbar viel gelernt.

Ben: 

Dann kommen wir mal noch zu einem ganz anderen Thema. Wie versprochen habe ich in unserer Community ein paar Fragen gesammelt und die nächste betrifft nun das Spiel selbst. Sie kommt aus der Community, interessiert mich aber selbst auch brennend. Es geht um die Rechte am Spiel. Wenn man sich so einen alten Klassiker vornimmt, wie steht es da um die rechtliche Situation? Gab es Probleme? Kam der Hersteller, und hat euch Steine in den Weg gelegt?

David:

Naja, ich glaube sobald du das Spiel auf Steam rauslässt, hast du ein Problem. Ab dem Moment wo du sagst, dass du für das Game 30 €uro haben willst, hast du ein noch größeres Problem. Ich glaube, da wir diese Schritte bewusst nicht gemacht haben, ist das für so eine große Firma nicht besonders interessant uns da rein zu grätschen.

Steffi:

Vielleicht wissen die aber auch einfach noch nichts davon. Sagen wir es mal so: wir haben ihnen nichts gesagt. Das erste Team, dass damals noch “Day of the Tentacle 2” machen wollten, hat wohl versucht LucasArts zu kontaktieren, sie haben aber nie eine Antwort bekommen, aber auch kein Verbot.

Ben:

Aber ihr habt ja nun einen ziemlichen Presserummel losgetreten, befürchtet ihr denn nich, dass da noch eine böse Überraschung folgt?

David:

Ja der Presserummel hat uns zumindest mal völlig überrascht. Wir hatten so 3.500 Facebook-Fans und dachten, wenn wir fertig sind, dann posten wir es und das Spiel wird vielleicht 4.000 Mal heruntergeladen oder so. Wie das dann abgegangen ist hat uns wirklich total überrascht. Aber zumindest hat sich bis jetzt noch nichts gefährliches in unseren Briefkästen gezeigt und von daher sind wir noch ziemlich entspannt.

Ben:

Weil du es gerade ansprichst – wo steht denn der aktuelle Download-Counter?

Steffi:

Wir gehen steil auf die 100.000 Downloads-Marke zu.

Ben:

Wow unfassbar ! Ich gratuliere, das ist doch ein richtig toller Erfolg! Das zeigt doch, dass sich die Community darüber freut!

Steffi:

Ja es ist toll! Auf Facebook ploppen andauernd Nachrichten auf von Menschen die uns beglückwünschen oder tolle Geschichten erzählen, wie sie das Spiel mit ihren Kindern spielen wie dereinst ihre Väter mit ihnen “Day of the Tentacle” gespielt haben und das ist so süß und toll, da geht einem richtig das Herz auf.

Ben:

In wie weit habt ihr euch denn nun aber tatsächlich vom Original inspirieren lassen? Also klar die Grafiken und Charaktäre sind da – aber wie weit hat euch der erste Teil denn beeinflusst?

David:

Unser Prolog ist sehr inspiriert von den ersten fünf Minuten des Spiels. (Anm. d. Redakteurs: die folgenden Antworten von David spoilern die Story -deswegen überlasse ich euch selbst das Erkunden) Wir haben die Sache mit frischem Wind belebt und ein wenig erweitert.

Steffi:

Generell wollten wir einfach das Gefühl von damals wiederbringen, den verrückten Humor, die Absurdität, die skurrilen Locations und das ganze Eben auch zeitgemäß präsentieren, mit ner modernen Engine. Aber um dieses Gefühl zu erreichen muss man eben auch hart am Original bleiben. Wir haben sehr viele Details geändert und das ist auch sehr vielen Leuten aufgefallen. Wir wollten dass der Spieler sich fühlt wie quasi zwei Jahre nach dem ersten Teil so dass die Figuren sich nicht großartig weiter entwickeln konnten.

Ben:

Da kann ich euch aus meinem Spielerlebnis heraus bestätigen das euch das absolut und 100% gelungen ist. Ich habe mich gefühlt wie damals an meinem alten 386er. Aber weil du gerade >Prolog< gesagt hast – ich nehme mal an, dass es natürlich auch einen Hauptteil zum Prolog geben wird, oder?

Steffi:

Ähem. Naja, was wir auf jeden Fall mit Sicherheit sagen können ist, dass wir auf jeden Fall weiter Spiele machen werden. Wie genau sich das auf “Return of the Tentacle” auswirkt hängt noch von ein paar Faktoren ab. Es gibt auf jeden Fall eine Story. Wir konnten den Prolog nur so gestalten wie er ist, weil wir schon wussten wie es weitergehen wird. Das Story-Board existiert.

Ben:

Da frag ich gern genauer nach. Sitzt ihr denn schon aktiv an der Entwicklung?

Steffi:

Momentan sitzen wir nur an unserer Pizza 😀

David:

Also im Moment betreiben wir eher Bugfixing beim Prolog. Wenn du so 80.000 Spieler hast, dann fallen denen Dinge auf und die wollen wir nicht einfach so stehen lassen. Es ist Wahnsinn was die alles finden. Wir wissen halt zur Zeit einfach noch nicht, wie es dann weiter geht.

Steffi:

Wir sind jetzt nun an einem Punkt angekommen, wo sich in unseren Leben doch durchaus einiges tut und verändert. Deshalb ist das schwer abzuschätzen und dann ist da immer noch Disney. Auch wenn wir bis jetzt keine Unterlassungsklage oder ähnliches bekommen haben, kann sich das täglich ändern. Dann stellt man sich die Frage auch wieder: will man an etwas arbeiten was von jetzt auf gleich für die Tonne sein kann. Die Leute da draußen sagen uns auch dauernd, wie viel Geld sie für den Prolog bezahlen wollen würden. Aber solange man an einem fremden Spiel arbeitet wird man kaum einen Cent verdienen damit. Warum also nicht was eigenes machen? Dieses Gedankenkonstrukt schwebt uns auch im Kopf herum.

Ben: 

Das überschneidet sich auch eigentlich direkt mit meiner nächsten Frage an euch, die ich ebenfalls aus unserer Community gestellt bekommen habe. Habt ihr denn vor euch weitere Klassiker vor zu nehmen? Loom, oder etwas ähnliches?

Steffi:

Definitiv nein!

David:

Es sei denn wir bekommen die Erlaubnis dafür vom Studio! Wenn also ein Studio kommt und sagt das war gut, was wir geschaffen haben und geben uns die Erlaubnis für ihren Klassiker, dann brauch man nicht drüber nachdenken.


Ben:

An diesen Punkt möchte ich auch direkt anknüpfen. Ihr habt, wie du sagst, viel viel Feedback bekommen. Gab es dann darunter auch Feedback oder Kontaktaufnahme von großen Studios?

Steffi:

Ja das ist halt immer so ein Wunschtraum, der aber nicht wahr wird.

David:

Aus dem Studiobereich hat sich bisher niemand gemeldet. Wir haben eine Einladung zu einem Gespräch mit einem Entwickler aus einem großen Studio bekommen, aber da wissen wir einfach nicht was dahinter steckt und zu mehr können wir uns da auch nicht wirklich äußern.

Steffi:

Es ist halt einfach schön, dass es Leute gibt die unsere Arbeit sehr wertschätzen. Da gibt es zum Beispiel auch den Andi, ein Streamer der ehemals bei Daedalic gearbeitet hat, der auch unseren Prolog gespielt und gestreamt hat und uns dafür halt einfach auf die Schultern geklopft hat.

Ben:

David, ist das dann eher so etwas wovon man aber auch so ein wenig träumt oder worauf man auch so ein bisschen hofft, wenn man so ein Projekt umsetzt?

David:

Natürlich ist das ein Stück weit ein Traum, mit seinem Hobby Geld zu verdienen. Ich habe auch während meines Studiums schon viel an so Projekten gearbeitet. Aktuell mache ich auch Sounddesign und Soundprogramming für ein VR-Projekt so dass sich dieser Traum quasi schon für mich erfüllt hat. Aber es wär natürlich schon cool, wenn man denn irgendwann bei nem riesen Spielestudio sitzt und da sein Geld verdient.

Ben:

Was mich direkt zur nächsten Frage aus der Community bringt. Unsere Leser wollten wissen, wie sie euch denn Unterstützen können, insbesondere kam da auch die Frage nach monetärer Unterstützung auf. Wie also supportet man euch?

Steffi:

Geld, wie schon gesagt können wir da überhaupt nicht annehmen. Abseits dessen hilft es halt gewaltig, wenn die Fans das Spiel bekannter machen als es jetzt ist. Es einfach überall erzählen und darüber berichten auf Social Media darüber posten, Let’s Player und Streamer darauf ansetzen, es ihren Freunden erzählen, das ist es was uns jetzt gerade am Meisten hilft. Darüber hinaus wäre es toll, wenn es mehrsprachige Muttersprachler gibt, die uns bei Übersetzungen helfen wollen, dann dürfen die sich auch bei uns melden. Es gibt das Spiel jetzt schon in 12 Sprachen, da dürfen es gerne noch mehr werden. Es sitzen momentan viele Teams an anderen Sprachen und freuen sich über Unterstützung.

Ben:

Das gebe ich gerne an unsere Leser weiter! Ich glaube wir haben jetzt genug zum Thema gesprochen und ich habe einen sehr schönen Einblick hinter die Kulissen bekommen. Eine Frage stelle ich am Ende eines solchen Interviews aber immer noch zu gerne. Wollt IHR der Community etwas mitteilen?

Steffi:

Auf jeden Fall! Wir möchten ein übergroßes Dankeschön an alle aussprechen, die sich das Spiel angesehen, heruntergeladen und gespielt haben. Danke an alle, die Spaß damit hatten und Fehler gefunden haben. Wir freuen uns über jede Nachricht sehr und ich versuche sie auch immer relativ bald zu beantworten. Ihr seid eine ganz tolle Community und das Ganze macht sehr glücklich und dafür sind wir dankbar!

Ben:

Dann schließe ich mit einem Dank auch von mir. Vielen Dank, dass ihr mir und uns allen dieses tolle Spielgefühl von Damals zurück gegeben habt und euch dafür so engagiert habt. Es hat funktioniert. Danke!

Die mobile Version verlassen