Deutscher Computerspielpreis 2019 – Nachschlag

"Weisste was, den Preis gibts jetzt schon zum elften Mal, den kann selbst die Müller nicht mehr kaputt moderieren" - so eröffnet Moderatorin, Schauspielerin und Sängerin Ina Müller den deutschen Computerspielpreis 2019. Ob sie sich da zu weit aus dem Fenster gelehnt hat, werden wir in meinem Kommentar hier mal beleuchten.

Beginnen wir mal abseits der Moderation und widmen uns zunächst dem interessantesten Part dieser Veranstaltung, den Spielen.

Winner, winner, chicken dinner!

Zum besten deutschen Videospiel hat die Jury das Point-and-Click-Adventure “Trüberbrook” gekürt. Ich persönlich habe von diesem Spiel das erste Mal bei der Preisverleihung gehört, euch war es sicherlich schon länger bekannt, nicht zuletzt auf Grund der der Stimmleihgaben von Jan Böhmermann und Nora Tschirner an die Charaktere. Das kommt nicht von ungefähr, denn die Produktionsfirma ist die btf GmbH, welche unter anderem auch als Begründer der TV-Sendung “Roche und Böhmermann” gilt.

CyberGhost VPN

Das grafisch durchaus ansprechende Mystery-Abenteuerspiel wurde über Kickstarter mitfinanziert und wurde nun zum Besten erwählt, das Deutschland zu bieten hat. Ich werde mir das Spiel selbst auf jeden Fall mal ansehen, denn allein die Story, ein Misch aus 60er-Jahre Atmosphäre und Science-Fiction, interessiert mich sehr.

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Ein weiteres Point-and-Click-Adventure hat auch die Kategorie “Bestes Jugendspiel” erhalten. Das Spiel “Unforseen Incidents” hat die Juroren hier überzeugt und auch hier muss ich ehrlich eingestehen, dass ich vor der Preisverleihung dieses Game noch nicht auf dem Radar hatte. Der etwas ungewöhnliche Grafikstil und eine spannende Geschichte haben aber auch hier dafür gesorgt, dass ich mir dieses Spiel auf die eigenen Wunschliste gesetzt habe.

Bei der Kategorie “Bestes Kinderspiel” hat sich das Spiel “Laika” durchgesetzt, ein wunderschönes Tier-Detektivspiel mit Augenmerk auf Empathie und soziale Kompetenz der Jüngsten.

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Gib mir mehr!

Unter den weiteren Gewinnern sind unter anderem die von mir heiß geliebten Entwickler von Daedalic mit ihrem Spiel “State of Mind” und in den internationalen Kategorien wurden “Red Dead Redemption 2“, “Super Smash Bros. Ultimate” und das Bcon Gaming Wearable ausgezeichnet.

Wer die komplette Liste durchsehen möchte findet diese hier.

Nachschlag

“Ich hab >JA< gesagt, weil mich dieses Thema sehr interessiert” – so beschreibt die Moderatorin des Abends Ina Müller ihr Engagement für die diesjährige Preisverleihung. Kurz nach diesem Satz ruft sie dann laut “Wir sind auch auf Twitter! Hashtag DCP… irgendwas…das wisst ihr alle besser als ich” und beginnt zunächst sich in der typischen Ina Müller Manier selbst auf die Schippe zu nehmen. Soweit so gut, dem Publikum sieht man dabei aber nicht mehr als ein kühles Grinsen an, wenn überhaupt.

Aktuell wird der Auftritt von Ina Müller in diversen Fachmagazinen durchaus kontrovers Diskutiert. Die Gameswirtschaft etwa unterstellt Frau Müller mangelnden Respekt, hadert mit der Auswahl der Laudatoren und kreidet dem DCP2019 an, dass die Zweitplatzierten nicht einmal vorgestellt worden sind, sondern ihr Preisgeld klein und im Stillen hinter der Bühne abgeholt haben.

Ich habe mir die Aufzeichnung des Livestreams angeschaut und komme zu einem eindeutigen Schluss: Don’t hate the player, hate the game! Wer mit Politikgrößen wie Doro Baer oder Andi Scheuer im Nacken versucht, einen Computerspielpreis aufzuziehen wie eine “Wetten daß…”-Jubiläumsfolge und wer dabei dann auch noch auf Größen setzt, die mit Computerspielen so viel am Hut haben wie eine Kuh mit Billard, der braucht sich nicht wundern wenn die ganze Nummer in die Hose geht und statt Lohn nur Hohn verteilt wird. Natürlich kannte man Ina Müllers schnodderige Art im Voraus und natürlich wusste man, dass Sängerin Namika zwar bei der jüngeren Zielgruppe durchaus angesagt ist, aber dass beide wahrscheinlich maximal Candy Crush Saga am Handy spielen wusste man eben auch.

Was hätte näher gelegen, als sich zum Beispiel ein paar Twitcher zu ziehen, ein paar Musiker, welche vielleicht auch schon Spielmusik komponiert habenum  so gemeinsam mit der aktuellen Speerspitze der deutschen Politik etwas Szenennahes, etwas Einzigartiges, etwas Neues und vor allem etwas zu schaffen, dass einer Preisverleihung für eine komplette Branche würdig gewesen wäre?

Und wenn man so etwas schon nicht gebacken bekommt, was hätte es geschadet, die ganze versammelte Prominenz mal in ein Entwicklerstudio einzufliegen, um zu schauen, wie ein modernes Spiel gemacht wird? Zumindest das hätte dann dafür gesorgt, dass die Moderatorin des Abends eben nicht das obligatorische Gamer-Klischeefeuerwerk abbrennt. Außerdem hätte man so eben neben Preisgeldern den Siegern auch echte Anerkennung und Wertschätzung entgegengebracht. Die ganze Problematik hätte spätestens da auffallen müssen, wo ein Fernseh-Moderator des Kinderfernsehens auf der Bühne seine Laudatio mit der Frage beginnt, was er eigentlich mit Computerspielen zu tun hat und dann zumindest für meinen Geschmack neben dem gleichen Grundprinzip im Game und dem Kinder-TV darauf nicht mal eine schlüssige Antwort findet. Aber zumindest hat er als Achtjähriger mal Monkey Island gespielt. Chapeau dafür und der genannte Moderator war noch einer der besseren Laudatoren.

Richtig und wichtig

Der deutsche Computerspielpreis als Schaukasten deutscher Entwicklerschmieden und als weitere Basis für die Förderung der Spieleindustrie in Deutschland ist für mein Dafürhalten richtig und wichtig. Wir brauchen diese Bühne um dem Nachwuchs die Förderung angedeihen zu lassen, welche sie brauchen um kreativ und neu zu wachsen. Wir brauchen diese Bühne um der aktuellen Spielegeneration zu zeigen, dass es nicht immer millionenschwere Tripple-A Kassenschlager aus fernen Ländern sein müssen, welche uns das bringen, was wir als Gamer hoch schätzen: Begeisterung für eine andere Welt,Spaß an komplexen Spielsystemen und Verzauberung durch Design in Ton und Bild. Wir brauchen diese Bühne um auch das ältere Semester abzuholen und ihnen zu zeigen, dass Computerspiele nicht des Satans linke Schulter sind, sondern dass sie im Gegenteil, richtig eingesetzt, auch Fähigkeiten fördern und gut sind.

Doch um diese Bühne so effektiv wie beschrieben nutzen zu können, braucht es in meinen Augen eine Umstrukturierung dieser Veranstaltung. Versucht nicht mit TV-Prominenz und gequälter Komik eine Zielgruppe zu erreichen, sondern nehmt die Zielgruppe mit ins Boot, bietet ihr eine Plattform und rückt mit ihnen gemeinsam etwas in den Mittelpunkt, das die Branche und den Preis ausmacht: Das Spiel und seine Spieler.

Wenn das gelingt, dann kann man sich beim DCP weiterer Probleme widmen, wie etwa dem Bekanntheitsgrad und der Vermarktung deutscher Produkte in denen ich, insbesondere zum Beispiel bei Daedalic, auch das Potenzial für echte Exportschlager sehe.

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