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Yakuza 6 - Die Story von Verbrechen, Familienbanden und Zusammengehörigkeit – Unsere Preview

Yakuza 6

Kann man neu in eine langjährige Videospielserie einsteigen? Nicht genau wissen, um was es geht und trotzdem Spaß haben? Geht das überhaupt? Diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich etwas skeptisch den Controller in die Hand genommen habe, um Yakuza 6: The Song of Life anzuspielen. Ich war gespannt, was mich erwartet, denn ich hatte im Januar die Gelegenheit Yakuza 6, auf einem Event bei Deep Silver drei Stunden lang auszuprobieren.

Yakuza 6: The Song of Life wurde von Sega exklusiv für die PlayStation 4 entwickelt und bereits 2016 veröffentlicht, allerdings nur in Japan. Nun steht aber auch der Release für Europa kurz bevor.

Sieben Teile und immer noch kein Ende abzusehen

Yakuza handelt von den Machenschaften des organisierten japanischen Verbrechens, vom Gefühl der Zusammengehörigkeit und ständiger Gefahr. Sieben Teile umfasst diese Videospielserie bereits und  zusätzlich gibt es noch jede Menge Spin-Offs, die einige Nebenschauplätze  und -geschichten beleuchten. Während die Serie in Asien seit der Veröffentlichung des ersten Teils für die PlayStation 2 im Jahr 2005 immer noch ein voller Erfolg ist, blieben die Verkaufszahlen aber im Rest der Welt leider weit hinter den Erwartungen zurück.

Erzählt wird das Leben von Kazuma Kiryu, eines langjährigen Mitglieds des Tojo-Clans. In Yakuza 6 beobachte ich diverse Machtkämpfe innerhalb des Clans und den größer werdenden Einfluss von ausländischen Gruppierungen. Das innere Machtgefüge der Yakuza Clans scheint angeschlagen zu sein.

Yakuza 6 beginnt mit kurzen Rückblenden. Kiryu will endgültig mit dem Gangsterleben abschließen und verbüßt freiwillig eine dreijährige Haftstrafe, um sich danach zur Ruhe zu setzen und ein neues Leben beginnen zu können.

Er gründete bereits vor einiger Zeit ein Waisenhaus, in dem nun auch seine Ziehtochter Haruka Sawamura lebt, die im Showbusiness arbeitet. Durch ein unachtsames öffentliches Statement Harukas, in dem sie sich offiziell zu Kiryu als Mentor bzw. Adoptivvater bekennt, überträgt sich sein schlechter Ruf auf Haruka und damit auch auf das Waisenhaus.

Daraufhin beschließt Haruka, das Waisenhaus zu verlassen, um die anderen Kinder nicht in Gefahr zu bringen. Als Kiryu aus dem Gefängnis entlassen wird und dies erfährt, sieht er es als seine Aufgabe an, Haruka zu finden und um jeden Preis zurückzuholen. Dafür nimmt er auch in Kauf, dass er wieder in den gewalttätigen Sumpf der Yakuza gezogen wird.

Einsteigerfreundliches Geschichtenerzählen

Die Vorgeschichte, in der ich schon die grundlegende Steuerung des Spiels kennenlernen darf, wird mir in den ersten 30 Minuten knapp erklärt. Alle wichtigen Personen werden ebenfalls vorgestellt, sodass ich danach einen groben Überblick habe, um was es geht und wer die verschiedenen Drahtzieher der Organisation sind. Offensichtlich hat Kiryu auch Freunde bei der Polizei, was sich später noch als ziemlich hilfreich erweisen wird.

Natürlich kann man in der kurzen Zeit keinen Überblick über die komplette Story aller Teile bekommen, aber Sega versteht es geschickt auch Neulingen den Einstieg zu ermöglichen und die Beziehungen der einzelnen Personen zueinander übersichtlich und knapp darzustellen. Damit sind auch Späteinsteiger gut gerüstet sich in der Welt der  Yakuza-Reihe zurechtzufinden.

Zusätzliche Tipps und notwendige Erklärungen werden später auf Kiryus Smartphone geschickt, sodass ich auch im weiteren Verlauf unaufdringlich immer noch kleine Hilfestellungen erhalte. Später im Spiel bekomme ich hier zusätzlich noch Meldungen zugespielt, die mich auf Nebenquests hinweisen. Es gibt also viel zu tun.

Martial-Arts vom Feinsten

Aber zunächst stürze ich mich mit Kiryu in die Hauptstory. Obwohl er als gealterter Mann (alt mit 48 Jahren? Hallo?) beschrieben wird, scheint er allen Herausforderungen immer noch gewachsen zu sein. In feinem Zwirn und immer mit besorgt zusammengezogenen Augenbrauen nehme ich also die Suche nach Haruka im fiktiven tokioter Stadtviertel Kamurocho auf. Doch das ist leichter gesagt als getan. Dieser Stadtteil wimmelt nur so von Möchtegern-Gangstern, die es wohl immer ausgerechnet auf mich abgesehen haben. Aber da haben sie die Rechnung ohne meinen durchtrainierten Kiryu gemacht.

Denn was wäre ein Yakuza ohne seine großartigen Martial-Arts-Kämpfe. Auch hier bekomme ich ein Tutorial vorgesetzt, das mich allerdings zunächst durch die vielen Tastenkombinationen verwirrt. Wie ich später feststelle, sieht das aber schlimmer aus als es ist. Die Combos sind eingängig und gehen leicht von der Hand und nach ein paar Runden macht es riesigen Spaß herumschluffende Straßengangs zu vermöbeln. Jegliches herumstehende Gerät, angefangen von Verkehrspylonen über Stühle, bis zu Fahrrädern, kann ich ebenfalls nutzen, um den Jungs eins überzubraten.

Habe ich dann genug Combos rausgehauen kann ich in den Heat-Modus wechseln. Durch ultraschnelle und megastarke Schläge bleibt dann kein Auge mehr trocken und meine Kontrahenten liegen innerhalb von Sekundenbruchteilen am Boden.

Auch die ersten Bosskämpfe sind kein Problem, wenn man das Combat-System aus Angriff, Blocken und Ausweichen einmal verstanden hat.

Die fast schon tänzerischen Kämpfe machen jedenfalls viel Spaß und die teilweise wirklich brutalen Animationen sind sehenswert. Auch ein vermeintlich älterer Kiryu macht hier eine gute Figur und lässt anstandslos die Fäuste und Füße fliegen.

Knallbunte und einladende Spielwelt

Um ganz ehrlich zu sein, ich hatte vor dem Anspielen von Yakuza 6 überhaupt keine Vorstellung, was mich grafisch so erwartet. Ich verbinde japanische Spiele völlig voruteilsbehaftet immer irgendwie mit Manga-Style. Deshalb bin ich erst einmal überrascht von der brillanten Darstellung meines Protagonisten und der NPCs. Besonders die Cutscenes bieten eine nahezu realistische Darstellung. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass ich auf einer PlayStation 4 Pro spiele, aber ich denke auch auf einer “normalen” PlayStation 4 sieht das Spiel grandios aus. Die Spielumgebung besticht mit schönen und teilweise knallbunten Details. Weitere sehr gut dargestellte Effekte wie z.B. Spiegelungen, Neonlichter oder auch Rauch und Feuer, lassen keine Wünsche offen.

Die Stadt ist wirklich sehenswert und wer einen kurzen Blick auf die Karte wirft, kann schon erkennen, dass an allen Ecken die Versuchungen lauern, die Hauptstory für ein paar Stunden außer Acht zu lassen und sich anderweitig zu vergnügen.

Ein weiteres legendäres Merkmal der Yakuza-Spiele ist nämlich z.B. die nahezu unüberschaubare Anzahl eingebauter Minigames. Man kann hier fast schon von einer Spielesammlung reden, die man da mit Yakuza 6 bekommt. Da ich (leider) kein Fan von Minigames bin, habe ich auch nur zwei davon ausprobiert, muss aber auch hier gestehen, dass diese außerordentlich gut gemacht sind und jedes für sich als eigenständiges Spiel bestehen könnte. Ich kann verstehen, wenn hier jemand einen Abend nur mit diesen kleinen Spielereien verbringen möchte.

Aber auch außerhalb der Spielhallen gibt es viel zu entdecken. Beim Erkunden eines Gebäudes plündere  ich beispielsweise ganz nebenbei einen Safe und erbeute, ich Glückspilz, eine stählerne Unterhose. Davon kann man ja nie genug haben. Wie man sieht, nimmt sich das Spiel selbst nicht ganz ernst und immer wieder blitzt in verschiedenen Situation ein unterschwelliger Humor auf. Eine Eigenschaft, die ich gerade in doch mehr oder weniger brutalen Spielen sehr schätze, denn schließlich soll mich das Spiel gut unterhalten. Und das tut Yakuza 6 in dieser Hinsicht wirklich gut. Der Humor kommt in Yakuza 6 wirklich nicht zu kurz und die verschiedenen Dialoge und Situationskomik entlocken mir immer wieder ein Grinsen.

Und weiter geht’s mit meinem Erkundungstrip durch die Stadt. An anderer Stelle muss ich mich beispielsweise mit Händen und Füßen dagegen wehren, einen Vertrag für ein Fitnesscenter aufgeschwatzt zu bekommen. Ich schiele kurz auf die Monitore meiner Mitspieler, die sich offensichtlich nicht erfolgreich genug gedrückt haben und jetzt mit Kiryu Gewichte stemmen dürfen. Die Ärmsten.

Und natürlich dürfen auch Nebenmissionen nicht fehlen. Kiryu geht hier jeder noch so kleinen Spur nach, um Hinweise auf den Verbleib von Haruka zu bekommen. Somit lerne ich immer neue Gebiete kennen und erkunde so nebenbei viel von der Stadt, lerne etwas über die Yakuza und die japanische Kultur … und lasse ab und zu meine Kampfkunst auf andere wirken.

Essen, Trinken, Leveln

Natürlich will so ein Zuckerschneckchen wie Kiryu auch gut behandelt werden. Regelmäßig stiefele ich mit ihm deswegen zum Essen in ein Restaurant, denn hungrig kämpft es sich nicht gut. Hier gibt es eine Riesenauswahl an Speisen und Getränken, aber auch an Automaten auf den Straßen kann man sich bedienen, falls dringend etwas flüssige oder feste Nahrung gebraucht wird. Hierbei wird allerdings schnell klar: Ohne Moos, nix los. Geldverdienen ist also angesagt. Wie das am besten geht, habe ich auf die Schnelle allerdings nicht herausfinden können. Jedenfalls erbeute ich bei den Straßenkämpfen immer etwas, so dass es zum Überleben gut reicht.

Auch wollen die einzelnen Fähigkeiten aufgelevelt werden. Hier kann ich mich richtig austoben, denn die Zahl der Skills scheint unüberschaubar groß zu sein. Es lohnt sich sicherlich hier etwas Zeit zu investieren, die Auswirkungen der einzelnen Fähigkeiten näher zu betrachten. Aber ich wollte ja in der Story etwas vorankommen, deshalb vergebe ich erst einmal nur hier und da mal einen Level-Up, für Dinge, die mir sinnvoll erscheinen.

Open World mit kleinen Einschränkungen

Hauptstory, Nebenquests, Minigames und Schlägereien … ich kann mich hier ganz nach meinem Geschmack austoben und mich immer neu entscheiden, was ich als Nächstes erledige. Hier schreibt mir Yakuza 6 nichts vor.

Wenn ich möchte, kann ich auch einfach nur durch die Stadt streifen, mir Geschäfte ansehen oder ein Restaurant aufsuchen. Sicher gibt es später noch verruchte Bars oder zwielichtige Nachtclubs, denn die sind wohl auch ein fester Yakuza-Bestandteil, aber soweit habe ich es noch nicht gebracht.
Und hey, es gibt Katzen …

Um in der Stadt voranzukommen, gibt es Schnellreisen und das ist wirklich witzig gelöst. Ich schnappe mir hier einfach ein Taxi (schade, ich darf nicht selber fahren), nenne dem Fahrer meinen Zielort und Sekunden später werde ich dort abgesetzt. Das kostet zwar immer ein paar Münzen, funktioniert aber wunderbar.

Allerdings gibt es auch ein paar kleine Dinge, die mich stören. Da sind Wege durch Gegenstände versperrt, wie z.B. kleine Werbeaufsteller, bei denen man annehmen könnte, dass sie einfach weggeschoben oder übersprungen werden können. Aber sie stehen wie eine Betonmauer und es ist kein Durchkommen möglich. Hier hätte ich mir etwas gewünscht, bei dem das offensichtlicher ist, wie beispielsweise ein geschlossenes Gittertor. Dass mein Protagonist bei all seiner Beweglichkeit weder klettern noch über die kleinsten Hindernisse springen kann, musste ich auch etwas enttäuscht feststellen.

Ab und zu bin ich auch gegen unsichtbare Wände gelaufen, die wohl das Ende meiner Spielumgebung darstellen sollten. Das fand ich etwas schade, denn ich verstehe ja, dass irgendwo die Grenze ist, aber eine unsichtbare Wand ist für mich nicht die schönste Lösung. Eine geschlossene Häuserfront wäre da offensichtlicher gewesen.

Das sind aber nur minimale Kritikpunkte, denn es überwiegt für mich in Yakuza 6 das durchaus positive Spielerlebnis.

Das Spiel wird übrigens nicht synchronisiert, es gibt nur Untertitel in verschiedenen Sprachen. Das bedeutet, ich darf den original japanischen Dialogen lauschen, was ich aber gar nicht als so unangenehm empfinde. Ich meine, das erzeugt noch einmal ein ganz besonderes Flair, denn obwohl ich nichts verstehe, lausche ich gebannt dem Klang dieser so fremden Sprache.

Mein Fazit

Yakuza 6: The Song of Life hat mir Spaß gemacht. Sehr viel Spaß sogar. Vielleicht lag es auch ein wenig am asiatischen Ambiente und der doch irgendwie fremden und faszinierenden japanischen Kultur, in die ich hier kleinen Einblick bekommen durfte.

Auf jeden Fall sind die schnellen und actionreichen Martial-Arts-Kämpfe, zumindest für mich, etwas Besonderes, denn ich habe bisher koch keine Spiele mit so einer Art Combat-System ausprobiert. Die Charaktere sind mit ihren Hintergrundstories gut in Szene gesetzt und auch die Story wird nachvollziehbar erzählt. Der emotionale Zwiespalt, in dem Kiryu sich befindet, ist fast greifbar. Und nicht zuletzt ist Yakuza 6 ist definitiv etwas für’s Auge. Die außerordentlich schöne Spielwelt hat in jeder Hinsicht überzeugt.

Ich habe es jedenfalls bedauert, nach zwei Kapiteln den Controller aus der Hand legen zu müssen, denn ich hätte zu gerne gewusst, wie sich die Handlung weiter entwickelt.

Wer nach rasanter Action mit viel hintergründigem Humor sucht und auch eine gute Story erleben möchte, der ist in Yakuza 6 gut aufgehoben.

Ursprünglich war der Europarelease für den 20. März angesetzt. Nun erreichte uns aber an diesem Wochenende die Mitteilung, dass die Veröffentlichung von Yakuza 6 auf den 17. April verschoben wurde. Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Ab dem 27. Februar steht eine Demo von Yakuza 6 über das PlayStation Network zu Download bereit. Wem das Spiel gefällt und es anschließend kaufen möchte, der kann seinen Spielstand von der Demo sogar in die Vollversion übernehmen.

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